AHNIG VO BOTANIK
24.01.2025 BaselbietHeilmittel, Rauch und Alkohol
Andres Klein
Wussten Sie, dass es bei uns auch zwei einheimische Gehölze aus der Familie der Zypressen-Gewächse gibt? Aus Pärken und Gärten kennen wir die importierten Zypressen wie die Echte ...
Heilmittel, Rauch und Alkohol
Andres Klein
Wussten Sie, dass es bei uns auch zwei einheimische Gehölze aus der Familie der Zypressen-Gewächse gibt? Aus Pärken und Gärten kennen wir die importierten Zypressen wie die Echte Zypresse, den Mammutbaum, verschiedene Thujas oder die Sumpfzypresse. Einheimisch sind der giftige Sefistrauch und der Wacholder. Die Familie der Zypressengewächse ist weltweit mit über 150 Arten, meist in den gemässigten Zonen, verbreitet.
Der Wacholder ist zweihäusig, das heisst, es gibt Individuen, die nur weibliche und solche, die nur männliche Blüten haben. Die Pflanzen blühen im April und im Mai. Die männlichen Pflanzen bilden sehr viel Blütenstaub aus, der oft an den Blättern (Nadeln) hängen bleibt und so gut beobachtet werden kann. Die dunkelblauen Früchte sind im dritten Jahr nach der Befruchtung reif. Erst dann können die begehrten Früchte gepflückt werden. Die blaugrünen Nadeln wachsen zu dritt in Quirlen und weisen einen weissen Wachsstreifen auf, der immer oben liegt. Sie sind sehr spitz und somit ist der Strauch sehr stachelig. Die Rinde ist oft rötlichbraun. Die Bäume können bis zu 600 Jahre alt werden.
Bei uns im Jura wächst der Gewöhnliche Wacholder, der strauch- oder selten säulenförmig ausgebildet ist. In den Alpen gedeiht der Zwerg-Wacholder, der als Bodendecker wächst.
Bei den alten Ägyptern, den Griechen, den Römern und im ganzen Mittelalter galt Wacholder als wichtiges Heilmittel und wurde gegen unterschiedliche Krankheiten eingesetzt. Es wurde neben den Beeren meist das Öl des Wacholders gebraucht. Seltener wurde ein Pulver des getrockneten Holzes oder der Wurzeln verwendet. Heute wird vor Nierenschäden und vor einer Anwendungsdauer von mehr als drei Monaten gewarnt. Bei der Verwendung als Gewürz bei Speisen wie Sauerkraut oder Wildbret scheint es keine Nebenwirkungen zu geben.
Eine ganz wichtige Anwendung war das Räuchern schon bei den alten Griechen, Römern und Germanen. Wacholder-Rauch reinigte die Luft im Haus, vertrieb die bösen Geister und brachte neue Energie ins Haus. Der desinfizierende Rauch wurde und wird also nicht nur zur Haltbarmachung von Lebensmittel wie Speck und Schinken gebraucht, sondern zur geistig atmosphärischen Verbesserung des Raumklimas. Aufgrund der Anpreisung des Räucherns auf dem Internet scheint das in der heutigen Zeit ein Riesengeschäft zu sein. Leider habe ich keinen Hinweis gefunden, wie man den Rauchgeschmack und den Russ wieder aus dem atmosphärisch aufgeladenen Schlafzimmer bringt.
Vielleicht hilft da eine andere Modeanwendung des Wacholders: der Gin. Gin wird aus reinem Alkohol unter dem Zusatz von reifen Wacholderbeeren und unterschiedlichsten Kräutern hergestellt. Von Birkenüber Blüemli-Gin bis hin zu Gurken-Gin ist alles erhältlich. Welcher Gin gegen welches Leiden oder für welchen Raumduft hilft, müssen Sie selbst ausprobieren. Gin-Sorten gibt es genug, so viele, dass die Händler am Jammern sind, dass der Umsatz abnähme. Vielleicht müsste der Laden einmal mit Wacholder geräuchert werden.
Andres Klein ist Botaniker. Er lebt in Gelterkinden.