Faszination für das Bölchengebiet

  06.09.2018 Eptingen

Der Bölchen – Monat für Monat. Die «Volksstimme» startet heute eine Serie mit spektakulären Fotografien des Sissacher Landschaftsfotografen Adrian Wirz.

David Thommen

Adrian Wirz (58) zählt zu den besten Landschaftsfotografen der Schweiz. Ein Objekt hat es ihm besonders angetan: der Bölchen. Seit Jahren stellt er dort oben, am Baselbieter Hausberg, immer und immer wieder sein Stativ auf, um über das ganze Jahr hinweg die ganz besonderen Stimmungen einzufangen. Wirz präsentiert ab heute in der «Volksstimme» jeweils eine Fotografie pro Monat – eine Serie, auf die wir uns freuen dürfen.

Unser Bild zum September zeigt die Bölchenfluh in einem ganz speziellen Licht. Die Sonne bricht gerade durch die Wolken, erleuchtet die Fluh, die Fernsicht ist klar und in den Tälern Richtung Osten liegt etwas Dunst. Das Farbenspektrum reicht vom Sommergrün der Bäume über das Orange hoch im Himmel bis zum Violett an den Hügeln am Horizont. Und mitten drin das Rot der Schweizerfahne, die sich für den Fotografen artig im Wind ausbreitet. Es ist eine Stimmung fast wie auf einem religiösen Gemälde. «Licht ist meine Spezialität», sagt Adrian Wirz. Und Nebel. Wie spektakulär gerade der Nebel am Bölchen aussieht, wird der Fotograf im Spätherbst und im Winter an dieser Stelle zeigen.

Vom Lärm in die Ruhe
Der in Gelterkinden aufgewachsene und seit 20 Jahren in Sissach wohnhafte Wirz ist schon mehr als sein halbes Leben lang leidenschaftlicher Fotograf. Angefangen hat er 1982 – in einem ganz anderen Genre. Nachdem er als Achtjähriger Joe Siffert am Rennen von St. Ursanne den Berg hochrasen sah, galt seine Leidenschaft dem Motorrennsport. Nach seiner Lehre zum kaufmännischen Angestellten reiste er an den Wochenenden jahrelang dem Formel-1-Zirkus durch ganz Europa nach. Er fotografierte von der Rennstrecke aus für das Magazin «Motorsport aktuell» und für «Ralley Racing». Der Verdienst habe meist gerade gereicht, um seine Kosten zu decken. 1994, als sein Sohn zur Welt gekommen ist, habe diese Faszination langsam nachgelassen. Und eines seiner Idole, Ayrton Senna, verunfallte tödlich. «Ich habe Senna bei seinem letzten Warm-up noch fotografiert», so Wirz.

Erst Jahre später hat es ihn wieder gepackt. 2011 kaufte er sich eine neue Kamera und legte sich am Bölchen auf die Lauer, um Gämsen zu fotografieren. Von da an kehrte er immer wieder zurück. Statt Lärm und Tempo suchte er jetzt die Ruhe und die Langsamkeit. «Für mich war sofort klar, dass es nur den Bölchen gibt», sagt er heute. Es gebe weit und breit keinen faszinierenderen Ort für Sonnenaufgänge. Überdies sei die ganze Gegend «einfach traumhaft schön». Speziell angetan hat es ihm der Ankenballen. «Dort sieht es aus, als käme jeden Moment John Wayne um die Ecke geritten.»

Wirz hat den Berg mit seinen unzähligen Aufnahmen berühmt gemacht. «Für viele war der Bölchen früher nur ein Tunnel», so Wirz. Heute fänden dank ihm viele Menschen den Weg dort hoch. Manchmal wird ihm das allerdings fast unheimlich. «Als ich im vergangenen Winter einmal einen Sonnenaufgang fotografieren wollte, waren dort oben schon 50 bis 60 Leute.» So sei er bei nächster Gelegenheit bereits um vier Uhr bei minus acht Grad losgegangen, um seinen bevorzugten Platz auf der Kanzel auf sicher zu haben.

Die Sonne ging um 8.15 Uhr auf, ein gutes Foto entstand allerdings nicht. Die Bise drückte den Nebel zu tief hinunter ins Mittelland. Stundenlanges Warten und dann der Frust, dass das Bild nichts wird. Der Sissacher Fotograf kann viele solcher Geschichten erzählen. Dass er auf dem Creux du Van in ein Gewitter kam und fast vom Blitz getroffen wurde. Oder dass er stundenlang auf Schneeschuhen einen Berg hochgestiegen ist und oben wegen des aufsteigenden Nebels keine Sicht mehr hatte.

Auch das Matterhorn
Wirz ist zwar der Bölchenfotograf schlechthin, doch sein Revier hat er längst ausgedehnt. Er fotografiert in der ganzen Schweiz, daneben in den Dolomiten oder auch in Bayern. Zwei bis drei Mal pro Woche ist er durchschnittlich mit der Kamera unterwegs. Für 70 oder 80 Objekte hat er Beschreibungen angelegt, an welchen Tagen im Jahr der Sonnenstand am besten und welche Witterung ideal ist. Immer wieder hat er auch die bekanntesten Motive im Sucher, zum Beispiel das Matterhorn oder die Drei Zinnen. Landschaften also, die schon Millionen Mal abfotografiert worden sind.

Ist das noch reizvoll? Ja, sagt Wirz entschieden. Denn hier geht es ums Geldverdienen. Objekte wie das Matterhorn seien im Internet stark gesucht. Tauche man mit einem der besten Matterhornbilder ganz oben bei Google auf, könne man die Fotografien gut verkaufen. Und natürlich steigert die Präsenz im Netz die eigene Bekanntheit. Je mehr Follower auf Facebook und Instagram, desto besser fürs Geschäft.

Wobei der Verkauf der Fotos nur eines seiner Standbeine ist. Wirz bietet daneben mit drei weiteren bekannten Fotografen Workshops für Fotoamateure in der Schweiz und Europa an (www.lightexplorers.ch). Zusammen mit diesen Kollegen organisiert er jeweils im Herbst auch einen Foto-Event im Berghaus Oberbölchen. Alles, was in der Schweiz Rang und Namen hat, sei dort versammelt, sagt Wirz. Geboten werden Vorträge der besten Landschaftsfotografen. Die diesjährige Veranstaltung vom 24. November, die vierte ihrer Art, ist längst ausverkauft.

Neue Motive
Der Sissacher ist derzeit auf der Suche nach neuen Motiven in der Nähe. Jüngst hat er im Oberbaselbiet eine Eiche entdeckt, die das Interesse der Hobbyfotografen aus der Region wecken könnte. Er werde den Ort nun immer wieder aufsuchen und seinen Followern die Aufnahmen präsentieren. Für einen seiner nächsten Workshops könnte dies möglicherweise ein geeignetes Objekt sein. Wirz zeigt uns eines der Bilder auf seinem Handy – faszinierend!

Die schönsten Aufnahmen von Adrian Wirz sind unter www.adrian-wirz.com und www.belchen-schweiz.ch zu finden.


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